Ganze Zahlen
Bei den ganzen Zahlen handelt es sich um eine Erweiterung der natürlichen Zahlen um die Menge der negativen (ganzen) Zahlen sowie um die Null. Sie werden mit dem Formelsymbol $\Z$ dargestellt. Die ganzen Zahlen können formal mithilfe von Äquivalenzklassen von Paaren natürlicher Zahlen definiert werden. Sie können addiert, subtrahiert, multipliziert und angeordnet werden. Für zwei ganze Zahlen existiert stets eine Zerlegung mit Rest. Gemeinsam mit der Addition und der Multiplikation bilden die ganzen Zahlen den kleinsten Ring, der die natürlichen Zahlen enthält. Die ganzen Zahlen sind eine echte Teilmenge der rationalen Zahlen.
Definition
Bei den ganzen Zahlen $\Z$ handelt es sich um alle natürlichen Zahlen, die zugehörigen negativen (ganzen) Zahlen sowie, je nach Definition der natürlichen Zahlen, die Zahl Null.
Formale Definition
Die Menge der ganzen Zahlen kann mithilfe einer Äquivalenzrelation $\sim$ auf der Menge von geordneten Paaren natürlicher Zahlen formal definiert werden; es gelte:
Bei der Menge der ganzen Zahlen handelt es sich um die Faktormenge (die Menge der Äquivalenzklassen) der Relation $\sim$; es gilt:
Die Äquivalenzklasse $ {\bigl[(a,b)\bigr]}_\sim$ repräsentiert hierbei konzeptuell die ganze Zahl, die sich als Differenz $a-b$ ergibt. Als Standardvertreter der Äquivalenzklasse wird typischerweise das Element $\bigl(a,b\bigr)$ mit dem kleinstmöglichen, positiven Wert $a$ gewählt.
Beispiele
Bei den folgenden Beispielen handelt es sich exemplarisch um einige ganze Zahlen, ihre zugehörigen Äquivalenzklassen sowie einige mögliche Repräsentanten:
Arithmetische Operationen
Addition
Hauptartikel: Addition von ganzen Zahlen
Auf der Menge $\Z$ der ganzen Zahlen kann eine Addition $\oplus$, die ganzzahlige Addition, formal wie folgt definiert werden (mit $a,b,c,d \in \N$):
Subtraktion
Hauptartikel: Subtraktion von ganzen Zahlen
Auf der Menge $\Z$ der ganzen Zahlen kann eine Subtraktion $\ominus$, die ganzzahlige Subtraktion, formal wie folgt definiert werden (mit $a,b,c,d \in \N$):
Dies entspricht der Addition des additiven Inversen von $ {[(c,d)]}_\sim$.
Multiplikation
Hauptartikel: Multiplikation von ganzen Zahlen
Auf der Menge $\Z$ der ganzen Zahlen kann eine Multiplikation $\odot$, die ganzzahlige Multiplikation, formal wie folgt definiert werden (mit $a,b,c,d \in \N$):
Division mit Rest
Hauptartikel: Division von ganzen Zahlen
Auf der Menge $\Z$ der ganzen Zahlen kann eine Division mit Rest definiert werden, d. h., für beliebige ganze Zahlen $a,b \in \Z$ mit $b \neq 0$ existieren ganze Zahlen $q,r \in \Z$ mit $0 \leq r \lt b$, sodass gilt:
Eigenschaften
Anordnung
Die Menge der ganzen Zahlen ist total geordnet; es gilt:
Mithilfe dieser Anordnung können die ganzen Zahlen in die folgenden Teilmengen untergliedert werden:
- positive ganze Zahlen $\N$: \[ \N = \Bigl\{ 1,2,3,\ldots \Bigr\} \]
- nichtnegative ganze Zahlen $\N_0$: \[ \N_0 = \Bigl\{ 0,1,2,3,\ldots \Bigr\} \]
- negative ganze Zahlen $-\N$: \[ -\N = \Bigl\{ \ldots,-3,-2,-1 \Bigr\} \]
- nichtpositive ganze Zahlen $-\N_0$: \[ -\N_0 = \Bigl\{ \ldots,-3,-2,-1,0 \Bigr\} \]
Die Zahl 0 selbst ist vorzeichenlos und somit weder positiv noch negativ.
Die Ordnung der ganzen Zahlen ist verträglich mit den Rechenoperationen; es gilt:
Absoluter Betrag
Der (absolute) Betrag $|a|$ einer ganzen Zahl $a \in \Z$ kann wie folgt definiert werden:
Vorzeichen
Das Vorzeichen $\sgn(a)$ einer ganzen Zahl $a \in \Z$ kann wie folgt definiert werden:
Mächtigkeit
Die Mächtigkeit der ganzen Zahlen entspricht der Mächtigkeit der natürlichen Zahlen – die ganzen Zahlen sind somit abzählbar.
Die Gleichmächtigkeit der natürlichen und der ganzen Zahlen kann unmittelbar gezeigt werden, indem die Existenz von bijektiven Abbildungen $\N \rightarrow \Z$ zwischen der Menge $\N$ der natürlichen Zahlen und der Menge $\Z$ der ganzen Zahlen nachgewiesen wird; dies gilt beispielsweise für die folgende Abbildung:
Analog kann gezeigt werden, dass auch bijektive Abbildungen $\N_0 \rightarrow \Z$ existieren.
Ring
Die Menge $\Z$ der ganzen Zahlen bildet zusammen mit der Addition $\oplus$ und Multiplikation $\odot$ von ganzen Zahlen einen kommutativen Ring mit Eins $(\Z,\oplus,\odot)$. Es handelt sich hierbei um den kleinsten Ring, der alle natürlichen Zahlen enthält.
- Die Menge $\Z$ bildet mit der Addition $\oplus$ eine kommutative Gruppe:
- Die Addition $\oplus$ ist abgeschlossen.
- Die Addition $\oplus$ ist assoziativ.
- Das neutrale Element der Addition $\oplus$ ist die ganze Zahl $0 = {\bigl[(1,1)\bigr]}_\sim$.
- Das additive Inverse der ganzen Zahl $n={\bigl[(a,b)\bigr]}_\sim$ ist die ganze Zahl $-n={\bigl[(b,a)\bigr]}_\sim$.
- Die Addition $\oplus$ ist kommutativ.
- Die Menge $\Z$ bildet mit der Multiplikation $\odot$ einen kommutativen Monoid:
- Die Multiplikation $\odot$ ist abgeschlossen.
- Die Multiplikation $\odot$ ist assoziativ.
- Das neutrale Element der Multiplikation $\odot$ ist die ganze Zahl $1 = {\bigl[(2,1)\bigr]}_\sim$.
- Die Multiplikation $\odot$ ist kommutativ.
- Für die Addition und Multiplikation der ganzen Zahlen gelten die Distributivgesetze.
Da für die ganzen Zahlen eine Division mit Rest existiert, handelt es sich bei $(\Z,\oplus,\odot)$ um einen euklidischen Ring. Hieraus folgt für zwei beliebige ganze Zahlen unter anderem die Existenz eines größten gemeinsamen Teilers, der beispielsweise mithilfe des euklidischen Algorithmus bestimmt werden kann.
Formale Konstruktion
Konstruktion der ganzen Zahlen aus den natürlichen Zahlen
Für die formale Konstruktion der ganzen Zahlen wird zunächst die Menge
aller geordneten Paare $(a,b)$ zweier natürlicher Zahlen $a,b \in \N$ betrachtet. Das Paar $(a,b)$ repräsentiert hierbei konzeptuell die ganze Zahl $a-b$, die sich als Differenz der natürlichen Zahlen $a$ und $b$ ergibt.
Auf dieser Menge kann nun eine Äquivalenzrelation $\sim$ wie folgt definiert werden:
Zwei Paare $(a,b)$ und $(c,d)$ stehen also genau dann in Relation, wenn die Differenzen $a-b$ und $c-d$ übereinstimmen – wenn sie also dieselbe ganze Zahl repräsentieren. Diese Definition der Relation $\sim$ besitzt jedoch ein formales Problem: Die Differenz $a-b$ zweier natürlicher Zahlen $a$ und $b$ ist für den Fall $b \geq a$ nicht definiert, da das Ergebnis dann keine natürliche Zahl ist. Um dieses Problem zu umgehen, wird stattdessen die folgende alternative Definition der Relation $\sim$ verwendet, die sich aus der vorherigen Variante durch Addition von $b$ und $d$ auf beiden Seiten der Gleichung ergibt und somit nur noch die stets definierte Addition von natürlichen Zahlen verwendet:
Die Menge $\Z$ der ganzen Zahlen kann nun formal als
definiert werden, also als die Faktormenge (die Menge der Äquivalenzklassen) der Relation $\sim$.
Auf dieser Menge können eine Addition $\oplus$ und eine Multiplikation $\odot$ wie folgt definiert werden:
Hierbei ist es insbesondere wichtig, dass die beiden Verknüpfungen wohldefiniert sind, d. h., dass das Ergebnis lediglich von den verknüpften Äquivalenzklassen, aber nicht von den konkreten Repräsentanten der Äquivalenzklassen abhängt.
Nachweis der Äquivalenzrelation
Zum Nachweis, dass es sich bei der zuvor definierten Relation $\sim$ um eine Äquivalenzrelation handelt, muss gezeigt werden, dass die Relation symmetrisch, reflexiv und transitiv ist.
Nachweis der Symmetrie
Gegeben seien natürliche Zahlen $a,b,c,d \in \N$. Dann gilt:
Erklärungen zu den Schritten | |
---|---|
(1) |
|
(2) |
|
(3) |
|
Da aus $(a,b) \sim (c,d)$ stets $(c,d) \sim (a,b)$ folgt, ist die Relation $\sim$ symmetrisch.
Nachweis der Reflexivität
Für natürliche Zahlen $a,b \in \N$ gilt trivialerweise $(a,b) \sim (a,b)$, da stets $a+b=a+b$ gilt. Die Relation $\sim$ ist somit reflexiv.
Nachweis der Transitivität
Gegeben seien natürliche Zahlen $a,b,c,d,e,f \in \N$. Dann gilt:
Erklärungen zu den Schritten | |
---|---|
(1) |
|
(2) |
|
(3) |
|
(4) |
|
(5) |
|
Da aus $(a,b) \sim (c,d)$ sowie $(c,d) \sim (e,f)$ stets $(a,b) \sim (e,f)$ folgt, ist die Relation $\sim$ transitiv.
Nachweis der Wohldefiniertheit der ganzzahligen Addition
Die ganzzahlige Addition ist wohldefiniert. Der Nachweis der Wohndefiniertheit kann im Detail im Artikel zur ganzzahligen Addition nachgelesen werden.
Nachweis der Wohldefiniertheit der ganzzahligen Multiplikation
Die ganzzahlige Multiplikation ist wohldefiniert. Der Nachweis der Wohndefiniertheit kann im Detail im Artikel zur ganzzahligen Multiplikation nachgelesen werden.