Bei der Multiplikation von ganzen Zahlen, auch ganzzahlige Multiplikation genannt, wird das Produkt von zwei oder mehr ganzen Zahlen berechnet. Die ganzzahlige Multiplikation wird formal auf der Faktormenge der Äquivalenzrelation definiert, die den ganzen Zahlen zugrunde liegt. Die Multiplikation von ganzen Zahlen ist sowohl assoziativ, kommutativ als auch distributiv und besitzt ein neutrales Element. Multiplikative inverse Elemente existieren im Allgemeinen nicht.
Die Menge $\Z$ der ganzen Zahlen kann mithilfe einer Äquivalenzrelation $\sim$ auf der Menge von geordneten Paaren natürlicher Zahlen formal definiert werden; es gelte:
Die Äquivalenzklasse $ {\bigl[(a,b)\bigr]}_\sim$ repräsentiert hierbei konzeptuell die ganze Zahl, die sich als Differenz $a-b$ ergibt.
Ganzzahlige Multiplikation
Bei der ganzzahligen Multiplikation handelt es sich um eine innere zweistellige Verknüpfung auf der Menge $\Z$ der ganzen Zahlen. Sie verknüpft zwei Elemente der Faktormenge der Äquivalenzrelation $\sim$ zu einem neuen Element, das dem Produkt der beiden ganzen Zahlen entspricht. Es gilt (für $a,b,c,d \in \N$):
Die ganzzahlige Multiplikation wird formal auf das Rechnen mit natürlichen Zahlen zurückgeführt. Beim Operator $+$ handelt es sich um die gewöhnliche Addition von natürlichen Zahlen, beim (weggelassenen) Operator $\cdot$ handelt es sich um die gewöhnliche Multiplikation von natürlichen Zahlen.
Hinweis zur Schreibweise: Anstelle des Operators $\odot$ wird für die ganzzahlige Multiplikation typischerweise ebenfalls der Operator $\cdot$ verwendet. In diesem Artikel wird der Operator $\odot$ primär verwendet, um die Multiplikation von ganzen Zahlen und die natürliche Multiplikation einfacher unterscheiden zu können.
Beispiele
Beispiel 1: Multiplikation von zwei ganzen (positiven) Zahlen
Im ersten Beispiel wird exemplarisch das Produkt von zwei positiven ganzen Zahlen berechnet. Gegeben seien die folgenden ganzen Zahlen sowie ihre formalen Repräsentationen:
Beispiel 2: Multiplikation von zwei ganzen Zahlen mit verschiedenen Vorzeichen
Im zweiten Beispiel wird exemplarisch das Produkt von zwei ganzen Zahlen mit verschiedenen Vorzeichen berechnet. Gegeben seien die folgenden ganzen Zahlen sowie ihre formalen Repräsentationen:
Der Beweis der Assoziativität der Multiplikation von ganzen Zahlen kann durch direktes Nachrechnen erbracht werden. Gegeben seien die folgenden ganzen Zahlen sowie ihre Darstellungen durch die jeweiligen Äquivalenzklassen der Relation $\sim$ (mit $a_1,a_2,a_3,b_1,b_2,b_3 \in \N$):
Ausklammern der Faktoren $a_1$ und $b_1$ mithilfe der Distributivgesetze für natürliche Zahlen
Umsortieren einiger Summanden mithilfe der Kommutativität der natürlichen Addition
(6)
Aufteilen des Produkts $n_1 \odot \bigl(n_2 \odot n_3\bigr)$ auf zwei separate Faktoren mithilfe der Definition der Multiplikation von ganzen Zahlen
(7)
Aufteilen des Produkts $n_2 \odot n_3$ auf zwei separate Faktoren mithilfe der Definition der Multiplikation von ganzen Zahlen
(8)
Ersetzen der Äquivalenzklassen der Relation $\sim$ durch die ganzen Zahlen $n_1$, $n_2$ und $n_3$
Kommutativität
Die Multiplikation von ganzen Zahlen ist kommutativ. Für $n_1, n_2 \in \Z$ gilt:
\[ n_1 \odot n_2 = n_2 \odot n_1. \]
Der Beweis der Kommutativität der Multiplikation von ganzen Zahlen kann durch direktes Nachrechnen erbracht werden. Gegeben seien die folgenden ganzen Zahlen sowie ihre Darstellungen durch die jeweiligen Äquivalenzklassen der Relation $\sim$ (mit $a_1,a_2,b_1,b_2 \in \N$):
Der Beweis der Distributivität der Multiplikation von ganzen Zahlen über der Addition und Subtraktion kann durch direktes Nachrechnen erbracht werden. Gegeben seien die folgenden ganzen Zahlen sowie ihre Darstellungen durch die jeweiligen Äquivalenzklassen der Relation $\sim$ (mit $a_1,a_2,a_3,b_1,b_2,b_3 \in \N$):
Umsortieren der Summanden mithilfe der Kommutativität der natürlichen Addition
Klammern mithilfe der Assoziativität der natürlichen Addition
(6)
Aufteilen des Terms auf zwei separate Summanden mithilfe der Definition der Addition bzw. Subtraktion von rationalen Zahlen
(7)
Aufteilen des Produkts $n_1 \odot n_2$ auf zwei separate Faktoren $n_1$ und $n_2$ mithilfe der Definition der Multiplikation von ganzen Zahlen
Analog: Aufteilen des Produkts $n_1 \odot n_3$ auf zwei separate Faktoren $n_1$ und $n_3$
(8)
Ersetzen der Äquivalenzklassen der Relation $\sim$ durch die ganzen Zahlen $n_1$, $n_2$ und $n_3$
Hinweis: Der Nachweis der Rechtsdistributivität erfolgt analog. Ihre Gültigkeit folgt alternativ auch über die Linksdistributivität und die Kommutativität der Multiplikation.
Neutrales Element
Die ganze Zahl $1 = {\bigl[(2,1)\bigr]}_\sim$ ist das neutrale Element der Multiplikation von ganzen Zahlen. Für $n \in \Z$ gilt:
\[ 1 \odot n = n = n \odot 1. \]
Der Beweis, dass die Zahl Eins das neutrale Element der Multiplikation von ganzen Zahlen ist, kann durch direktes Nachrechnen erbracht werden. Gegeben seien die folgenden ganzen Zahlen sowie ihre Darstellungen durch die jeweiligen Äquivalenzklassen der Relation $\sim$ (mit $a,b \in \N$):
\begin{align*} n &= {\bigl[(a,b)\bigr]}_\sim \\[0.5em] 1 &= {\bigl[(2,1)\bigr]}_\sim. \end{align*}
Die ganze Zahl $1$ ist linksneutral bezüglich der Multiplikation, denn es gilt:
\begin{align*} 1 \odot n &\overset{(1)}{=} {\bigl[(2,1)\bigr]}_\sim \odot {\bigl[(a,b)\bigr]}_\sim \\[0.5em] &\overset{(2)}{=} {\bigl[(2a+b,\ 2b+a)\bigr]}_\sim \\[0.5em] &\overset{(3)}{=} {\bigl[(a,b)\bigr]}_\sim \\[0.5em] &\overset{(4)}{=} n. \end{align*}
Analog kann gezeigt werden, dass die ganze Zahl $1$ bezüglich der Multiplikation ebenfalls rechtsneutral ist – und somit das neutrale Element der Multiplikation von ganzen Zahlen:
\begin{align*} n \odot 1 &\overset{(1)}{=} {\bigl[(a,b)\bigr]}_\sim \odot {\bigl[(2,1)\bigr]}_\sim \\[0.5em] &\overset{(2)}{=} {\bigl[(2a+b,\ a+2b)\bigr]}_\sim \\[0.5em] &\overset{(3)}{=} {\bigl[(a,b)\bigr]}_\sim \\[0.5em] &\overset{(4)}{=} n. \end{align*}
Erklärungen zu den Schritten
(1)
Ersetzen der ganzen Zahlen $n$ und $1$ durch die entsprechenden Äquivalenzklassen der Relation $\sim$
(2)
Ausrechnen von $1 \odot n$ bzw. $n \odot 1$ gemäß Definition der Multiplikation von ganzen Zahlen
(3)
Die Gleichheit $ {\bigl[(2a+b,\ 2b+a)\bigr]}_\sim = {\bigl[(a,b)\bigr]}_\sim$ bzw. $ {\bigl[(2a+b,\ a+2b)\bigr]}_\sim = {\bigl[(a,b)\bigr]}_\sim$ gilt aufgrund der Definition der Relation $\sim$, denn es gilt $2a+b+b = 2b+a+a$ bzw. $2a+b+b = a+2b+a$
Die Gleichheit $2a+b+b = 2b+a+a$ bzw. $2a+b+b = a+2b+a$ gilt aufgrund der Kommutativität der Addition von natürlichen Zahlen sowie aufgrund der Definition der Multiplikation von natürlichen Zahlen
(4)
Ersetzen der Äquivalenzklasse der Relation $\sim$ durch die ganze Zahl $n$
Hinweis: Werden die ganzen Zahlen mithilfe der Menge $\N_0$ definiert, so kann das multiplikative neutrale Element vereinfachend als $1 = {\bigl[(1,0)\bigr]}_\sim$ dargestellt werden.
Inverses Element
Das inverse Element einer ganzen Zahl bezüglich der Multiplikation von ganzen Zahlen existiert im Allgemeinen nicht.
Die einzigen ganzen Zahlen, die ein multiplikatives inverses Element besitzen, sind die Zahlen $1 = {\bigl[(2,1)\bigr]}_\sim$ und $-1 = {\bigl[(1,2)\bigr]}_\sim$. Beide Zahlen sind zu sich selbst invers.
Nachweis der Wohldefiniertheit
Für die formale Definition der Multiplikation von ganzen Zahlen ist es notwendig, dass diese wohldefiniert ist, d. h., dass das Ergebnis lediglich von den verknüpften Äquivalenzklassen, aber nicht von den konkreten Repräsentanten der Äquivalenzklassen abhängt.
Gegeben seien natürliche Zahlen $a_1,a_2,b_1,b_2,c_1,c_2,d_1,d_2 \in \N$. Es gelte $(a_1,b_1) \sim (a_2,b_2)$ sowie $(c_1,d_1) \sim (c_2,d_2)$. Gemäß der Definition der Relation $\sim$ gelten somit die folgenden Gleichheiten:
Zum Nachweis der Wohldefiniertheit der Multiplikation von ganzen Zahlen muss gezeigt werden, dass das Produkt $(a_1,b_1) \odot (c_1,d_1)$ unter diesen Voraussetzungen äquivalent zum Produkt $(a_2,b_2) \odot (c_2,d_2)$ ist, dass also
gilt. Multiplikation der Gleichungen (I) und (II) mit $c_1,c_2,d_1,d_2$ bzw. $a_1,a_2,b_1,b_2,$ liefert die folgenden Gleichungen. (Bei den mit $\star$ markierten Gleichungen wurden außerdem die Seiten vertauscht.)
Subtraktion der Terme $ {\color{CornflowerBlue} c_1b_2}$, $ {\color{Orange} c_2a_1}$, $ {\color{Magenta} d_1a_2}$, $ {\color{LimeGreen} d_2b_1}$, $ {\color{Red} a_1d_2}$, $ {\color{Goldenrod} a_2c_1}$, $ {\color{CadetBlue} b_1c_2}$ und $ {\color{Lavender} b_2d_1}$ auf beiden Seiten der Gleichung
Es gilt exemplarisch $ {\color{CornflowerBlue} c_1b_2} = {\color{CornflowerBlue} b_2c_1}$ aufgrund der Kommutativität der Multiplikation von natürlichen Zahlen
(2)
Umsortieren der Summanden mithilfe der Kommutativität der Addition von natürlichen Zahlen
Zusammenfassen der Summanden
Es gilt exemplarisch $c_1a_1 = a_1c_1$ aufgrund der Kommutativität der Multiplikation von natürlichen Zahlen
(3)
Ausklammern der 2 mithilfe der Distributivität der Addition und Multiplikation von natürlichen Zahlen
(4)
Division durch 2
Gemäß der Definition der Relation $\sim$ folgt aus (4) unmittelbar $(a_1c_1+b_1d_1,\ a_1d_1+b_1c_1) \sim (a_2c_2+b_2d_2,\ a_2d_2+b_2c_2)$ und somit die Wohldefiniertheit der ganzzahligen Multiplikation.